UNSER APPELL
… an Politikerinnen und Politiker:
Machen Sie sich bewusst, dass Sie sich in Ihrer Entscheidung in Sachen Sterbehilfe nicht an den Interessen einiger Weniger, sondern am Willen der Bevölkerungsmehrheit orientieren müssen! Selbstverständlich haben Sie (wie alle Menschen) das unbestreitbare Recht, für sich selbst jede lebensverkürzende, ja sogar jede leidensvermeidende Maßnahme abzulehnen. Jedoch haben Sie kein Recht, Ihre (religiösen oder weltanschaulichen) Privatüberzeugungen anderen Bürgerinnen und Bürgern aufzuzwingen!
… an Ärztinnen und Ärzte:
Besinnen Sie sich in der Sterbehilfe-Debatte auf Ihr Berufsethos und führen Sie sich vor Augen, dass in der Medizin das Wohl des Patienten im Zentrum stehen muss – nicht die ökonomischen oder weltanschaulichen Interessen des Arztes oder seiner Arbeitgeber. Helfen Sie mit, das Verbot der Freitodbegleitung aus den Berufsordnungen zu entfernen und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten am Lebensende zu respektieren.
… an Juristinnen und Juristen:
Mischen Sie sich in die Debatte ein! Machen Sie den politischen Kräften in diesem Land klar, dass aus dem Recht zum Leben niemals eine Pflicht zum Leben abgeleitet werden darf und dass die im Patientenverfügungsgesetz verankerten Abbrüche des Behandlungsverfahrens de facto »Suizidbeihilfen mit anderen Mitteln« sind. Tatsächlich ist die Herausforderung für den Arzt beim Abbruch der Behandlung, etwa wenn er auf Wunsch des Patienten das Beatmungsgerät abstellt, sehr viel höher, als wenn er dem Patienten bloß Medikamente zur Verfügung stellt, die dieser selbst einnimmt, um sein Leben zu beenden. Das eine zu erlauben, ja: sogar strafrechtlich einzufordern, das andere aber zu verbieten, ergibt weder menschlich noch juristisch Sinn.
… an Journalistinnen und Journalisten:
Sorgen Sie für eine ehrliche Debatte, in der nicht wie bisher über das vermeintliche »Geschäft mit dem Tod« gesprochen, aber das sehr viel lukrativere »Geschäft mit der Leidensverlängerung« verschwiegen wird. Haken Sie nach, wenn Politiker die Entscheidung für oder gegen Suizidbeihilfe als persönliche Gewissensentscheidung ausweisen! Berücksichtigen Sie auch die Gründe dafür, warum Medikamente in Deutschland derart überteuert sind, warum sich Pharmahersteller und Klinikeigner so sehr für ein Verbot der Sterbehilfe einsetzen und warum in einem so reichen Land wie Deutschland am Ende nicht mehr genug Geld übrig bleibt, um alten, kranken, schwerstbehinderten Menschen die Hilfen zu finanzieren, die sie benötigen.
… an Christinnen und Christen:
Nehmen Sie es nicht hin, dass eine kleine Minderheit von angeblichen »Lebensschützern« über die Interessen der Mehrheit bestimmt. Denn nur 14 Prozent der Protestanten und 18 Prozent der Katholiken in Deutschland stimmen der amtskirchlichen Position zu, Gott allein dürfe über Leben und Tod entscheiden. Sprechen Sie Ihre Kirchenvertreter auf das Thema an! Erklären Sie ihnen, dass der Freitod nicht im Widerspruch zum christlichen Bekenntnis stehen muss und schon gar nicht im Widerspruch zur Bibel steht, dass es aber sehr wohl gegen die Menschenwürde verstößt, wenn die Kirche mit Hilfe der Politik Menschen zu Handlungen zwingt, die ihren Überzeugungen zuwiderlaufen.
… an alle Bürgerinnen und Bürger:
Informieren Sie sich über das Thema und melden Sie sich in der Debatte zu Wort! Lassen Sie es nicht zu, dass andere darüber entscheiden, wie Sie zu sterben haben! Andernfalls nämlich ist die Gefahr groß, dass auch Sie in Ihrer letzten Lebensphase in Bedrängnisse geraten, die Sie sich kaum wünschen können. Denn eines steht fest: Nur wenn alle gesellschaftlichen Kräfte zusammenwirken, werden wir dem Idealbild einer freien Gesellschaft näher rücken, in der die Menschen nicht nur selbstbestimmt leben, sondern auch selbstbestimmt sterben können, in der die »Wahrung der Menschenwürde« nicht nur eine schöne Formel für Sonntagsreden ist, sondern ein fester Bestandteil der gesellschaftlichen Praxis.
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